7. Sonntag nach Trinitatis - Gedanken von Pfarrerin Büttner

Vor 30 Jahren war ich das erste Mal in Griechenland im Urlaub. An einem Tag fuhren wir bei herrlichem Wetter mit dem Roller über die Insel Kos. Dann zog der Himmel zu, und es regnete wie aus Eimern. Wir fanden in einem kleinen Laden Unterschlupf. Wir waren nicht die Einzigen.

Die Frau, der der Laden gehörte, ging herum und gab jedem etwas zu trinken und Kekse. Ein paar stärker Durchnässten gab sie Handtücher. Sie ahnte ganz sicher, dass niemand etwas in ihrem Laden kaufen würde und so war es auch. Alle gingen, als das Wetter wieder besser war und fuhren davon, vielleicht sagten ein paar Menschen „Danke“ und sie sammelte ihre Becher ein. An diese Frau habe ich oft gedacht, wenn es um das Stichwort Gastfreundschaft ging. Unterschlupf hat sie gewährt, als der Himmel über uns hereinbrach. Und das mag auch im Übertragenen Sinne gelten.

Jetzt bringt man gelebte Gastfreundschaft tatsächlich eher mit Menschen in Verbindung, die im südlichen Europa leben, oder eben auch mit den Menschen aus dem Kulturkreis der Bibel. Dort wird es schon gelebt, wir können die Ermutigung der Bibel womöglich ganz gut gebrauchen.

Warum die so wichtig ist, mag uns auch verwunderlich erscheinen.

So heißt es im Hebräerbrief:

1Haltet fest an der Geschwisterliebe! 2Vergesst nicht die Gastfreundschaft, denn durch sie haben einige, ohne es zu wissen, Abgesandte Gottes beherbergt. 3Gedenkt der Gefangenen als Mitgefangene, und gedenkt der Misshandelten, weil ihr auch noch in euren Körpern lebt.

In all diesen Beispielen, und die Liste im Hebräerbrief hat noch Weitere, geht es eigentlich nur um eines: nämlich um die Liebe.

Wohlgemerkt, um die Liebe Gottes. Denn bevor die Bibel uns dazu aufruft, andere mit ihren Sorgen und Nöten in den Blick zu nehmen, sollen wir spüren, dass wir geliebte Menschen sind. Jeder Mensch ist ein von Gott in Liebe angeschauter Mensch.

Der Mensch, über den ich mich so ärgere, der Mensch, der vor Armut und Gewalt in eine bessere Zukunft zu fliehen versucht, ich selbst - ein von Gott in Liebe angeschauter Mensch. Es ist das Wesen der Liebe, dass sie nicht bei sich bleiben will. Sie will an ein Ziel gelangen. So ist die Liebe Gottes zuerst Zuspruch und erst dann zugleich auch Anspruch: Gottes Liebe will menschlich spürbar werden. Darin gelangt sie in und durch uns zum Ziel.

Was ist dann dran für uns? Gastfreundschaft üben? Oder sich mit jemandem versöhnen? Jede von uns weiß- glaube ich ganz gut, wo der Schuh gerade drückt oder wo so eine Baustelle im Leben ist und auch, was zu tun wäre.

Aber es ist auch schwer, über den eigenen Schatten zu springen. Sehr schwer. Vielleicht auch, weil man negative Erfahrungen gemacht hat, oder sich ausgenutzt vorkommt.

Ich erinnere mich noch, wie mir eine Frau erzählte, die etlichen ihrer Freundinnen ihre Wohnung zur Verfügung gestellt hat, als diese zu Hause nicht mehr bleiben konnten. Dann aber machte sie die Erfahrung, dass dies in einer ausnutzenden Weise und Selbstverständlichkeit in Anspruch genommen wurde, die sie sehr enttäuscht hat.

Wie kann es dann gelingen, auch nach solchen Erfahrungen, noch vorbehaltlos auf andere zu sehen, und auf sie zuzugehen oder gastfreundlich zu sein und nicht von vorne herein mit dem Negativen zu rechnen.

Zum einen bin ich froh, dass Gott mich immer noch liebt, auch wenn ich mich nicht immer so verhalte, wie er sich das wünschen würde.

Zum anderen, denke ich ja auch, dass es um die Haltung der Liebe geht, um die Haltung der Gastfreundschaft, die mir ja wichtig ist.

Und ich lebe sie nicht nur, weil sich der andere immer korrekt verhält. Es ist keine Belohnung, sondern etwas, das ich tun möchte, weil es meinem Wesen entspricht, oder zumindest meiner Einstellung oder dem, wie ich sein möchte, weil ich das für richtig erachte. Weil ich denke, ja genau so soll das sein, wie Menschen miteinander umgehen.

Meinen Täuflingen sage ich immer, die Welt wird ein schönerer Ort, wenn wir Menschen mit dem Herzen sehen. Und manchmal muss man auch einen Dickkopf erweichen, oder jemanden, der immer vor sich hingrummelt, oder ihn oder sie halt so nehmen, wie er oder sie eben ist.  

Einen spannenden Nachsatz hat dieses Wort mit der Gastfreundschaft: denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt.

Also jemanden mit einer wichtigen Botschaft. Jemanden, der etwas von der Zuwendung Gottes spüren lässt. Insofern kehrt sich das hier um. Nicht die, die Gastfreundschaft gewähren, sind die Engel, sondern, die, die mitunter in den Genuss kommen.

Jetzt in der kommenden Urlaubszeit sind viele unterwegs und erleben und geben hoffentlich viele Formen der Gastfreundschaft.